WGMB-Marktbarometer 2024
Neue Höhen: Erstmals übersteigt der Beratungsumsatz in Deutschland die 50-Milliarden-Euro-Grenze – doch das Wachstum verliert an Dynamik
Die deutsche Beratungsbranche erlebte 2024 ein Rekordjahr: Zum ersten Mal überstieg der Umsatz von Management-, IT- und Personalberatungen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Mit einem Plus von 5,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr erreichte der Markt ein Volumen von 50,1 Milliarden Euro. Ein Erfolg, den die Branche nicht zuletzt der Transformation in eigener Sache zu verdanken hat: Während sich Berater lange Zeit auf strategische Themen konzentrierten, sind es mittlerweile vor allem operative, umsetzungsorientierte Dienstleistungen mit starker Technologienähe, die den größten Anteil am Wachstum der Branche ausmachen.
Das Überschreiten der 50-Milliarden-Marke ist ein starkes Signal für die Branche. Doch die Frage bleibt, ob dieses Momentum in den kommenden Jahren gehalten werden kann. Die Dynamik hat spürbar nachgelassen – 2022 lag das Umsatzplus noch bei 16,0 Prozent, 2023 bei 7,3 und 2024, wie gesagt, bei 5,9 Prozent. Wirtschaftliche Unsicherheiten und hohe Kostenbelastungen in Kernindustrien könnten die Nachfrage nach Beratungsleistungen weiter dämpfen. Gleichzeitig werden disruptive Technologien wie Generative AI die Arbeitsweisen und Geschäftsmodelle der Beratungsbranche nachhaltig verändern. Trotz des Meilensteins bleibt die Branche also vor allem in einem Punkt gefordert: ihrer Flexibilität, sich auf neue Herausforderungen einzustellen. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob die Berater ihre Anpassungsfähigkeit weiter unter Beweis stellen können und ihre Rolle als unverzichtbare Partner der Wirtschaft behaupten.
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Die wichtigsten Auszüge haben wir im Folgenden zusammengestellt.
Blickt man zurück auf die Jahre seit 2000, zeigt sich, dass das Wachstum der Beratungsbranche das gesamtwirtschaftliche Wachstum in Deutschland – gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) – weit hinter sich gelassen hat. Gebremst wurde das Wachstum der Branche in der Vergangenheit nur durch die Anschläge vom 11. September 2001, die Finanzkrise und die Corona-Pandemie. Die Erholung nach Corona folgte indes schnell – getrieben von aufgestauter Nachfrage nach Transformations- und Digitalisierungsprojekten sowie der Notwendigkeit vieler Unternehmen, sich krisenfester aufzustellen. Das Jahr 2024 markiert nun eine Wende: Der Nachholeffekt scheint aufgezehrt. Nach dem historischen Umsatzwachstum von 16 Prozent im Jahr 2022 fällt das Wachstum mit 5,9 Prozent nun auf ein Niveau zurück, das nahe am langfristigen Durchschnitt der vergangenen Jahrzehnte liegt.
Mit einem Anteil von 36,3 Prozent stellt die Operations-Beratung das größte Einzelsegment des Beratungsmarktes dar. Es folgen die IT-Beratung mit 23,4, die Transformationsberatung mit 19,2 und die Strategieberatung mit 14,2 Prozent. Das Schlusslicht bildet die Personalberatung, auf die ein Marktanteil von 6,9 Prozent entfällt.
2024 sind alle Segmente des deutschen Beratungsmarktes gewachsen. In den einzelnen Segmenten traten jedoch deutliche Unterschiede zutage. Im Bereich der Managementberatung verzeichneten strategische Themen mit 5,6 Prozent ein moderates Wachstum, ebenso wie die Operations-Beratung, die um 5,3 Prozent zulegte. KI-basierte Lösungen zur Prozessautomatisierung und zur datengetriebenen Entscheidungsfindung gewannen stark an Bedeutung. Gleichzeitig geriet die Optimierung von Lieferketten angesichts geopolitischer Unsicherheiten zunehmend in den Fokus. Das stärkste Wachstum im Bereich der Managementberatung erzielte die Transformationsberatung mit 6,4 Prozent. Noch deutlicher stieg der Umsatz mit Restrukturierungsprojekten: Angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen Unsicherheiten legte das akute Abwenden von Insolvenzen und das prospektive Stärken der Krisenresilienz um 8,2 Prozent zu.
Die IT-Beratung wuchs mit 7,2 Prozent. Hier dominierten vor allem die Themen Datensicherheit und Cybersecurity, die mit 8,6 Prozent das stärkste Einzelwachstum verzeichneten. Gleichzeitig wuchs der Bedarf an Cloud-Lösungen und KI-gestützten Systemen sowie an energieeffizienten Rechenzentren und nachhaltigen IT-Infrastrukturen zur Erfüllung von ESG-Kriterien.
Die Personalberatung wuchs mit 4,2 Prozent am schwächsten. Im Fokus standen Fachkräftemangel, hybride und agile Arbeitsmodelle und Reskilling-Programme, doch Zurückhaltung bei Neueinstellungen und Entlassungswellen dämpften die Dynamik. ESG und Diversity prägten zunächst die Gestaltung von Arbeitsmodellen, verloren aber gegen Jahresende wieder an Relevanz.
Das Wachstum im Bereich ESG und Nachhaltigkeit blieb hinter den Erwartungen zurück. Noch zu Jahresbeginn hatte die Branche eine deutlich dynamischere Entwicklung der Beratungsumsätze in diesem Bereich prognostiziert, doch viele Unternehmen scheuten angesichts wirtschaftlicher Unsicherheiten größere Investitionen in ESG-Programme.
Die produzierende Industrie bleibt mit 29,5 Prozent Marktanteil der größte Abnehmer von Beratungsleistungen, gefolgt von Finanzdienstleistern (21,4%) und der öffentlichen Hand (9,3%). Weitere Branchen wie Gesundheitswesen, Einzelhandel, Telekommunikation, IT, Medien sowie Versorgungs- und Transportsektoren machen zusammen 39,9 Prozent aus.
Die Wachstumsdynamik des Beratungsgeschäfts zeigt 2024 starke Unterschiede zwischen den verschiedenen Kundensektoren. Die Telekommunikations-, IT- und Medienbranche verzeichnete mit 11,2 Prozent die höchsten Zuwächse. Auf Platz zwei lag mit einer Wachstumsrate von 8,2 Prozent der Beratungsumsatz mit Bundes- und Landesministerien, Behörden, Gemeinden, Körperschaften des öffentlichen Rechts und anderen Institutionen der öffentlichen Hand. Das Geschäft mit Finanzdienstleistern wuchs mit 6,1 Prozent hingegen moderat, wobei Banken (7,4%) deutlich vor Versicherungen (4,4%) lagen.
Merklich hinter dem Branchendurchschnitt blieb die produzierende Industrie zurück – mit einem Zuwachs von 4,8 Prozent. Besonders schwach entwickelte sich das Geschäft mit der Automobilindustrie mit nur 4,2 Prozent Wachstum, während der Maschinenbau (5,5 %) und die Prozessindustrien (5,2%) etwas besser abschnitten. Schlusslicht war der Einzelhandel, in dem die Beratungsumsätze lediglich um 2,7 Prozent anstiegen.
Lesen Sie die Details zu den einzelnen Sektoren in den folgenden Abschnitten.