Managementforschung

In der traditionellen Managementlehre hat man ein ziemlich klares Bild davon, wie eine Führungskraft arbeitet: sie plant mit Sinn und Verstand, koordiniert und kontrolliert mit Bedacht und hat dabei das übergeordnete Ziel stets fest im Auge. Wer selbst schon einmal in verantwortlicher Position tätig war, der merkt schnell: Im Alltag des Managements ist dieses Idealbild viel seltener anzutreffen, als es die klassischen Theorien nahelegen.

Der Tagesablauf der meisten Manager ist weit weniger durch rationale Entscheidungen und strukturierte Aktivitäten geprägt als durch direkte und indirekte Beeinflussungsversuche, politische Manöver und die versteckte oder offene Konfrontation unterschiedlicher Interessensgruppen. Im Schatten vieler Managemententscheidungen schwelen grundlegende Machtkämpfe. Nicht selten konkurrieren völlig unterschiedliche Weltbilder um die Vorherrschaft im Unternehmen. Ihre Protagonisten versuchen mit allen Mitteln, einflussreiche Akteure auf ihre Seite zu ziehen. Nicht jeder bekennt sich dabei offen zu seinen Zielen und Interessen. Denn im Hintergrund vieler Auseinandersetzungen geht es nicht um die Sache, sondern um den Rangplatz der persönlichen Bedeutsamkeit.

Die Forschungsarbeiten der WGMB beruhen auf diesem empirisch geprägten Bild der Managementpraxis, das sich als konstruktive Ergänzung der traditionellen Managementlehre versteht. Seit vielen Jahren stehen dabei zwei zentrale Themen im Mittelpunkt unserer Arbeiten, die wir aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten: Macht in Unternehmen und Moden und Mythen im Management.

Forschungsbereiche

Macht in Unternehmen

In zahlreichen Arbeiten gehen wir der Frage nach, warum Menschen das tun, was andere von ihnen wollen.

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In vielen Fällen ist diese Frage relativ leicht zu beantworten: Wir tun, was andere von uns wollen, weil die anderen eine formale Position bekleiden, die ihnen die Befugnis gibt, uns innerhalb bestimmter Grenzen Vorschriften zu machen: Sie sind Polizisten, Vorgesetzte, Richter, Trainer oder Platzanweiser. In solchen Fällen spricht man auch von „formaler Macht“. Es ist die Möglichkeit zur offiziellen Einflussnahme, die in bestimmten Regelwerken festgelegt ist – in Gesetzestexten, Arbeitsverträgen oder Stellenbeschreibungen.

Dass wir uns nach solchen Regelwerken richten, ist eine eher triviale Erkenntnis. Viel interessanter ist es jedoch, warum wir ganz häufig auch das tun, was andere von uns wollen, obwohl sie weder Polizisten noch Vorgesetzte sind. In diesen Fällen spricht man von „informeller Macht“. Sie beruht nicht auf der bürokratischen Autorität einer Person, sondern auf der von uns individuell zugestandenen Möglichkeit der Einflussnahme auf unser eigenes Verhalten.

Doch wenn sie nicht auf formalen Regeln beruht, worauf gründet sich dann die informelle Macht eines Menschen? Es ist die Wahrnehmung, die dieser Mensch bei anderen Menschen genießt. Denn intuitiv spielt es für uns eine viel größere Rolle, sozusagen „hinter die Autorität zu blicken“. Sprich: Es kommt uns unbewusst viel mehr darauf an, wie wir unser Gegenüber als Person wahrnehmen: Wirkt dieser Mensch kompetent? Können wir ihm vertrauen? Ist er uns sympathisch? Antworten wir dreimal mit „ja“, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass wir so denken und handeln, wie es unser Gegenüber gerne von uns hätte.

Kompetent, vertrauenswürdig und sympathisch. Wer so wahrgenommen wird, kann seine informelle Macht ausspielen. So einfach und trivial dies im ersten Moment erscheinen mag, so kompliziert ist es in der Praxis. Denn: Wann wirken wir auf andere kompetent? Wann gelten wir als integer? Was macht uns sympathisch? Und in welchen Situationen steht welche Eigenschaft im Vordergrund? Zutrauen, Vertrauen und Sympathie aufzubauen ist eine diffizile Kunst. Ein großer Sachverstand bringt wenig, wenn er nicht durch gute soziale Fähigkeiten ergänzt wird. Eine loyale, integre Haltung wird häufig durch inkonsistente Handlungen ad absurdum geführt. Und ein charismatischer Auftritt wird nicht selten durch Arroganz und eine übersteigerte Hybris zunichte gemacht.

In unseren Forschungsarbeiten haben wir ein wissenschaftliches Modell zur Erklärung dieser Zusammenhänge entwickelt, das sich in der Praxis vielfach bewährt hat: am Arbeitsplatz, im Management, in der Familie, im Freundeskreis. Ausführliche Informationen zu unserem Modell haben wir auf einer eigenen Website zusammengestellt: www.impact-theory.com.

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Moden und Mythen im Management

Der Begriff der Mode wird im allgemeinen Sprachgebrauch häufig mit ästhetischen Aspekten in Verbindung gebracht. Er steht für die in einem bestimmten Zeitraum und einer bestimmten sozialen Gruppe als zeitgemäß geltenden Überzeugungen und Verhaltensweisen …

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– etwa die Art sich zu kleiden, die Art zu sprechen oder die Vorliebe, bestimmte Markenprodukte zu konsumieren. Moden basieren dabei auf einer bewussten „Andersartigkeit“ ihrer Anhänger: Wenn sich alle betrachteten Subjekte nur partiell voneinander unterscheiden, verletzt die Mode diese scheinbare Gleichheit, indem sie irgendeinen Unterschied aus all den partiellen Unterschieden als wesentlicher und wertvoller heraushebt. Auf diese Weise schafft sie eine Distanz zwischen den Anhängern der Mode und deren Umwelt, wobei die herausgestellten Unterschiede von den Anhängern der Mode als besonders werthaltig definiert werden. Das, was in einer bestimmten sozialen Gruppe als modern und werthaltig gilt, unterliegt dabei einem zyklischen Wandel. Eine Mode ist zeitlich befristet und wird infolge gesellschaftlicher Prozesse der Auf-, Um- und Neubewertung immer wieder durch neue, dann als zeitgemäß geltende Überzeugungen und Verhaltensweisen revidiert.

Auch in der Führung von Unternehmen lassen sich entsprechende Moden beobachten, die unterschiedliche Aspekte des Managements als wesentlich und werthaltig betonen: etwa die Konzentration auf besondere Fähigkeiten (Kernkompetenzen), das Ausrichten der Unternehmenssteuerung auf den Unternehmenswert (Shareholder Value) oder die Auslagerung von Unternehmensteilen an starke Partner (Outsourcing). Indem diese Aspekte besonders akzentuiert und so zum konstitutiven Charakteristikum einer Managementmode erhoben werden, entfalten sie die gleiche Wirkung, wie sie bei klassischen Moden zu beobachten ist: Sie schaffen neue, zeitlich begrenzte soziale Codes, bestimmte Verhaltensmuster und einen ihnen entsprechenden Gruppenkonformismus. Auf diese Weise ermöglichen sie eine gesellschaftliche Elitehaltung, eine Werthierarchie und ein System von Bewertungskriterien, deren Geltung innerhalb der betreffenden sozialen Gruppe – etwa bei den Angehörigen der Geschäftsleitung, der Aufsichtsgremien und des mittleren Managements eines Unternehmens, aber auch bei Kapitalgebern, Analysten etc. – ohne weitere Prüfung anerkannt ist. Vergleichbar mit den Zyklen klassischer Moden durchlaufen auch die entsprechenden Managementkonzepte eine Thematisierungs-, Expansions-, Dominanz- und Dethematisierungsphase.

Seit über 20 Jahren beobachten wir diese Prozesse. Während früher die klassischen BWL-Fragen dominierten, stehen heute Themen wie Disruption und digitale Transformation ganz oben auf der Agenda der meisten Führungskräfte.

Lebenszyklus_2018
Lebenszyklus_2002